Gs/4 Werbung
Werbung
Test aus dem Jahre 1962 der Zeitschrift MOT. Getestet wurde die Vespa Gs4. Viel Spaß
Die Vespa-GS war ursprünglich ein reines Sportfahrzeug. Inzwischen hat sie sich mehr und mehr zum Spitzenmodell der Vespa-Reihe entwickelt, das mit ca, 70,5% Anteil am deutschen Vespa-Gesamtabsatz weit wichtiger als eine ausschließlich für Liebhaber gedachte Sport-version ist. Vespa hat diesen Wandel in der Bedeutung der GS erkannt und das neue 160 ccm-Modell besonders auf einen geschmeidigeren Motor und noch höhere Beschleunigung entwickelt. „Neu” sollte nicht mißverstanden werden. Die „alte” GS gibt es auch noch: Preis: 1590- DM statt 1750- DM der GS 160.
Was ist neu? Die GS erhielt einen neuen Motor und eine veränderte Karosserie, die äußerlich mit der Vespa-Touren 150 übereinstimmt, aber stabiler ist; so bringt die GS nach wie vor 110 kg auf die Waage (gegenüber 95 bei der Touren). Die Klappe vorn unter der Sitzbank ist verschwunden; die Zierleisten entsprechen jetzt der Touren und nehmen an den hinteren „Backen” die obligatorische Blinkanlage auf. Der neue Lenker mit der vorgezogenen Scheinwerferkappe sieht noch besser aus; sein neuerdings ovales Tachometer läßt sich jetzt auch nachts einwandfrei ablesen. Wichtig ist das neue Schloß, das sich nur absperren läßt, wenn der Lenker ganz nach links eingeschlagen ist; unbeabsichtigtes Einschnappen nach versehentlichem Abschließen während der Fahrt ist nicht mehr möglich.
Links, also gegenüber dem Motor, ist jetzt das Rerseverad praktisch unsichtbar und vor Sonne geschützt untergebracht und gleicht das rechts konzentrierte Triebwerksgewicht aus, so daß man der neuen GS nicht mehr nachsagen kann, sie hänge „schief. Das Ablagefach links mußte dabei wegfallen; das neue Fach über dem Rücklicht – einwandfrei verschließbar – ist leider ziemlich klein und enthält auch noch das Werkzeug, das übrigens wesentlich besser und reichhaltiger geworden ist (das war auch nötig !). Dafür bietet es den Vorteil, frei von Batteriedunst zu sein. Die Gummidichtung des Kastendeckels sollte besser sitzen.
Der neue Motor bekam nicht – wie erwartet – den Drehschiebereinlaß der Vespa Touren 150.
Er erhielt eine neue Kurbelwelle mit 3 mm längerem Hub und einen neuen Zylinder mit 1 mm
größerer Bohrung, so daß sich 160 (bisher 145) ccm Hubraum ergeben. Der größere Hubraum
und die von 6,7 auf 7,3 erhöhte Verdichtung ergeben eine von 8,0 auf 8,5 PS gesteigerte Leistung, die schon bei 6500 U/min erreicht wird; die Nenndrehzahl der bisherigen GS betrug
7500 U/min. Der Motor erhielt einen Startvergaser (statt der bisherigen Luftklappe); die Test-GS war die am besten anspringende Vespa, die wir Je hatten. Kalt wie warm sprang der Motor fast stets beim ersten Tritt an. Zum neuen Vergaser gehört auch eine andere Führung der Ansaugluft. Für den Fahrer ist das Ansauggeräusch gegenüber dem Vormodell etwas lauter geworden, zum Glück nicht auch für die Umwelt. Die Kurbelwellenlager liegen nicht mehr innerhalb des Vorverdichtungsraumes und sind somit vor jeder Korrosion (bei Kurzstreckenverkehr) geschützt. Das linke Kurbelwellenlager wird durch Getriebeöl geschmiert, das rechte bekam eine Dauer-Fettfüllung/ die nur dann erneuert werden muß, wenn der Motor einmal zerlegt wird. Die Olbeimischung wurde von den antiquierten 1:15 auf das meist übliche Verhältnis 1:25 herabgesetzt. Der neue Motor bekam eine ganz andere Charakteristik als die bisherige GS-Maschine: er ist noch viel weniger „sportlich” als er es ohnehin schon war; ein ausgesprochen gutmütiger, weitgehend schüttelfreier und – für die Umwelt – leiser Motor, der seine Qualitäten viel eher bei mittleren Drehzahlen zeigt als bei höchstem Jubeln. Bei dem neuen Motor hat man das Kunststück fertiggebracht, das für Zweitakter meist typische Stuckern beim Gaswegnehmen und die Neigung zum Viertaktlauf praktisch völlig wegzubekommen, wie sich überhaupt manch braver Gebrauchsmotor von dieser „Grand-Sport”-Maschine eine dicke Scheibe abschneiden könnte, was Geschmeidigkeit, runden Lauf auch bei niedrigen Drehzahlen und sauberes Hochziehen
ohne das geringste Loch betrifft! Hinzu kommt der vibrationsdämpfende Effekt der Gummiaufhängung. Der neue GS-Motor erreicht sein höchstes Drehmoment von 1,075 mkg rm Bereich von 3800 bis 4400 U/min, entsprechend etwa 38 bis 45 km/h im 3. und 49 bis 58 km/h im 4. Gang. Von 2800 bis 5800 U/min liegt das Drehmoment über 1 mkg; beim bisherigen Motor kam es nicht über 0,9 mkg (Bereich 3600 bis 4500 U/min). In der Praxis bedeutet das größere Drehmoment mehr Zugkraft (das Drehmoment ist ein direktes Maß für die „Zugkraft” eines Motors) am Berg und beim Beschleunigen. Die neue GS kommt in 4,5 Sekunden auf 40 und in 9,5 Sekunden auf 60 km/h – das ist schneller als ein auf Krawall gefahrener 34 PS-VW! Die meisten Steigungen fährt man ohne viel Federlesens im 4. Gang, der 3. reicht zumindest solo für mehr als 12% solche Berge gibt es selbst in den Alpen nur selten. Wie bei jedem Zweitakter lohnt sich etwas Gefühl in der Gashand; mehr als Viertelgas bringt fast keine Mehrleistung, nur Verbrauch! Da die Nenndrehzahl um 1000 U/min niedriger liegt, die Gesamt-Untersetzung Motor-Hinterrad aber nicht geändert wurde, müßten die Höchstgeschwindigkeiten in den einzelnen Gängen niedriger liegen und auch die Spitzengeschwindigkeit geringer sein. Beim Hochbeschleunigen fallen die geringeren Endgeschwindigkeiten in den Gängen kaum auf, da sich der Motor ohne weiteres bis 7500 U/min überdrehen läßt. Die Höchstgeschwindigkeit war mit 80 km/h um 5 km/h geringer; Kolben und Zylinder unserer Testmaschine waren aber erst ca. 400 km alt.
Federung und Fahrwerk der GS haben sich höchstens äußerlich verändert; so sind Vorderrad-
feder und Stoßdämpfer jetzt zusammengebaut. Die Vespa ist vorn sehr leicht, was sie aus-
gesprochen handlich macht – sie ist geradezu ideal für enge Kurven oder Schlängelfahrten im
dichten Verkehr. Der niedrige Schwerpunkt und die weitgehende Konzentration des Gewichts
an diesem Schwerpunkt sowie das steife Rückgrat ergeben saubere Führung der Lenkung ohne die geringste Pendelneigung bei langsamer Fahrt. Die Federung ist nahezu hart, was vorn durch das geringe Gewicht und hinten durch die großen ungefederten Massen der Triebsatzschwinge bedingt ist; die Federwege selbst sind eigentlich nicht knapp bemessen. Daß die Sitzverhältnisse für die Sozia ihre Vespa-typischen Besonderheiten haben, braucht man kaum noch zu erwähnen; die Vespa ist nun einmal so. Leichte Besserung bringen höchstens Sturzbügel. Die Bremsen der GS werden durch die 8,5 PS nicht überfordert. Die Vorderradbremse war sehr leicht zu dosieren und brachte das Rad bis an die Pfeifgrenze – genau richtig. Beim Hinterradbremsen stört – speziell mit Sozia immer noch der anatomisch falsch angebrachte Fußbremshebel. Die Blinkanlage ist besser, als sie dem Fahrer auf den ersten Blick erscheint. Die 18-Watt-Glühbirne strahlt nach vorn und hinten, wobei ihr Licht durch zwei Spiegel scharf gebündelt wird. Nach vorn können die Soziabeine (im Stand) die Blinker verdecken; prinzipiell wären uns Leuchten vorn und hinten lieber. Statt des winzigen Kontroll-Lämpchens im (nicht sehr griffigen) Blinkerschalter wäre eine Kontrolle im Scheinwerfer besser. Die Blinker werden wie das Stand- und Bremslicht und die Hupe von der Batterie versorgt.
Lediglich das Hauptlicht (das mit seinen 25 Watt nur bis etwa 60 km/h ausreicht) geht nicht über die Batterie, es leuchtet also nur bei laufendem Motor.
Im ganzen ist die neue GS weniger „Grand Sport” als die alte, aber sie ist, was sie sein soll:
Eine perfektionierte Touren-Vespa mit mehr Temperament als die 150er GS
MOTOR:
Liegender, gebläsegekohlter Einzylinder-Zweitaktmotor mit Flachkolben und UmkehrSpülung
Zylinderbohrung: 58 mm
Kolbenhub: 60 mm
Hubraum: 155 ccm
Verdichtung: 7,3
Leistung: 8,5 PS bei ü/min: 6500
Höchstes Drehmoment: 1,075 mkg
bei U/min: 3800-4400
Schmierung: Benzin-Öl-Gemisch 1:25 auch schon in der Einfahrzeit
Vergaser: Dell’Orto Sl 27/23 mit Flachschieber und Starteinrichtung
Tank: Unter Sitzbank, 7,7 Liter Inhalt, davon 1,4 Liter Reserve
Elektrische Anlage: Batteriezündung.
Schwungradlichtmagnetanlage zur direkten Speisung des Scheinwerfers (also nur bei
laufendem Motor), Ladespule zur Versorgung der Batterie
Batterie: 6 V, 12 Ah (innerhalb des Reserverades untergebracht)
Scheinwerfer: 25/25-Watt Biluxbirne
KRAFTÜBERTRAGUNG:
Kupplung: Mehrscheibenkupplung im Ölbad
Getriebe: 4 Gänge, Drehgriffschaltung
Gesamtuntersetzungen: 14,72/10,28/7,61/5,84
Hinterradantrieb: Durch Getriebe-Antriebswelle (wartungsfrei)
FAHRWERK:
Selbsttragende Karosserie
Radführung vorn: rechtsseitige gezogene Kurzschwinge mit Schraubenfeder und hydraulischem Stoßdämpfer, einseitige
Radbefestigung
Radführung hinten: Triebsatzschwinge mit Schraubenfeder und hydraulischem Stoßdämpfer, einseitige Radbefestigung
Reifen: 3,50 x 10, geteilte Felge, austauschbare Räder und Reserverad
Bremsen: 150 mm 0, 25 mm Belagbreite
ABMESSUNGEN:
Radstand: 1220 mm
Gesamtlänge: 1790 mm
Gesamtbreite: 710 mm
Gesamthöhe: 1050 mm
Wendekreis-0: ca. 2,8 m
GEWICHTE:
Leergewicht, getankt: 110 kg
Zulässiges Gesamtgewicht: 265 kg \
Zulässige Belastung demnach: 155 kg =
2 Personen zu je 75 kg + 5 kg Gepäck
Leistungsgewicht: mit 1 Person ca. 22 kg/PS,
voll belastet ca. 31 kg/PS
FAHRLEISTUNG:
Gemessene Beschleunigung:
0-30 km/h 2,5 sec
0-40 km/h 4,5 sec
0-50 km/h 6,5 sec
0-60 km/h 9,5 sec
0-70 km/h 16 sec
0-80 km/h 47 sec
Höchstgeschwindigkeit: ca. 80 km/h
GESCHWINDIGKEITSBEREICHE:
Auf ein Drehzahl-Geschwindigkeitsdiagramm
haben wir bewußt verzichtet, da es bei einem
so kleinen ‘Motor in der Praxis nicht wichtig
ist, die jeweilige Motordrehzahl zu kennen.
Geschwindigkeitsbereiche der einzelnen
Gänge:
I. 10-30 km/h
II. 15-45 km/h
III. 20-65 km/h
IV. 30-80 km/h
VERBRAUCH:
Ruhiger Fahrer, größere Strecke: ca. 3,0 Liter
Scharfer Fahrer, größere Strecke: ca. 4,0 Liter
Scharfer Fahrer, Stadtverkehr: ca. 5,0 Liter
WARTUNG:
Schmierdienst: alle 2000 km
Großer Wartungsdienst (mit Ölkohleentfernung von Zylinder und Auspufftopf): alle 8000 km
PREIS 1750- DM mit Sitzbank, Rückspiegel und Reserverad
Steuer im Jahr: 25.20 DM
Versicherung (mittlerer Wert): 77.DM pro Jahr
Grandios oder?